Im österreichischen Recht bezieht sich das Prognoseprinzip hauptsächlich auf das Strafrecht und insbesondere auf die Strafzumessung und den Umgang mit bedingten Strafnachlässen oder bedingter Entlassung. Es ist von Bedeutung, wenn es um die Bewertung geht, ob jemand in der Zukunft weiterhin straffällig wird oder nicht.
Das Prognoseprinzip kommt insbesondere im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung gemäß § 46 StGB (Strafgesetzbuch) zur Anwendung. Für die bedingte Entlassung wird geprüft, ob aufgrund der Persönlichkeit des Verurteilten, seiner Entwicklung im Strafvollzug und weiterer Faktoren zu erwarten ist, dass er keine strafbaren Handlungen mehr begehen wird. Das Gericht muss also eine Prognose über das zukünftige Verhalten des Verurteilten abgeben.
Auch bei der Anwendung des § 43 StGB, der die bedingte Strafnachsicht regelt, spielt das Prognoseprinzip eine entscheidende Rolle. Hier wird bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe geprüft, ob es sich als vertretbar darstellt, die Strafe unter Setzung einer Probezeit bedingt nachzusehen. Auch hierbei wird eine Beurteilung über die zu erwartende Legalbewährung des Verurteilten in der Zukunft vorgenommen.
Im Jugendstrafrecht ist das Prognoseprinzip ebenfalls zentral. Laut Jugendgerichtsgesetz (JGG) wird bei der Entscheidung über strafrechtliche Sanktionen gegenüber Jugendlichen besonders darauf geachtet, welche Maßnahmen am besten geeignet sind, um den Jugendlichen positiv zu beeinflussen und einer weitergehenden Straffälligkeit vorzubeugen.
Das Prognoseprinzip verlangt also eine zukunftsgerichtete Einschätzung des Täters und seines Verhaltens, basierend auf seiner bisherigen Entwicklung und den Umständen seines Falls. Der Gedanke dahinter ist die Resozialisierung des Täters und die Prävention weiterer Straftaten, statt einer ausschließlichen Fokussierung auf die Vergeltung der bereits begangenen Tat. Die Anwendung ist stets eine Einzelfallentscheidung und erfordert eine umfassende Berücksichtigung der Persönlichkeit des Verurteilten, seines sozialen Umfeldes und seiner bisherigen Verhaltensweisen.