Allgemeines
Das vom Lateinischen abgeleitete Wort mittellat. ”punctare”, „Punkte setzen“ hat im deutschsprachigen Rechtswesen eine lange Begriffstradition. Unter Punktation verstand man im 18. Jahrhundert noch Staatsverträge, Brockhaus definierte sie 1911 als vorläufiger Vertragsentwurf mit Feststellung der Hauptpunkte. Die Auslegungsregel kommt regelmäßig dann zur Anwendung, wenn es sich um Verträge handelt, bei denen entweder noch umfangreiche Detailfragen zu klären sind oder eine Einigung über offen gebliebene Details nicht sofort erfolgen kann.
Es gilt § 885 ABGB: „Ist zwar noch nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien unterfertigt worden Punktation, so gründet auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche darin ausgedrückt sind.” Sind sich die Parteien demnach über die Hauptpunkte eines Vertrags einig, so gilt der Vertrag als geschlossen.
Die Punktation des § 885 ABGB ist bereits Hauptvertrag und unterscheidet sich dadurch sowohl von der Option, weil diese erst durch den Zugang der Optionserklärung den Hauptvertrag wirksam werden lässt, als auch vom Vorvertrag. Bei der Punktation fehlt nach dem Parteiwillen nur noch die Ausfertigung der förmlichen Vertragsurkunde. Der Vorvertrag verpflichtet zum Abschluss des Hauptvertrags, die Punktation nach „Abgabe” der Erklärung bereits zu seiner Erfüllung. Die Punktation ist geeignet, einzelne Verhandlungsergebnisse zu sichern.