Bei Gesetzen, die grundlegenden Forderungen der Gerechtigkeit widersprechen, handle es sich nicht um geltendes Recht, sondern um „gesetzliches Unrecht“, dem man den Rechtscharakter absprechen müsse und demgegenüber man keinen Gehorsam schuldig sei.
Radbruch’sche Begriff des „gesetzlichen Unrechts“ wurde durch die Unrechtserfahrungen mit dem Nationalsozialismus geprägt – „Horrend ungerechten Gesetzen“ Folter, Aberkennung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit, sei daher die Geltung abzusprechen.
Kritik
Die Anwendbarkeit der These Radbruchs sei nur auf den Katastrophenfall bezogen, Rechtsethische Probleme wie sie auch im funktionierenden Verfassungsstaat auftreten bleiben dagegen unberücksichtigt.
Neue Aktualität der Radbruch’schen Formel
Erlangte sie im Zusammenhang mit der Frage der Strafbarkeit von Mitgliedern des nationalen Verteidigungsrates der DDR sowie von Angehörigen der DDR-Grenztruppen wegen der Tötung von Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze. Erstere waren nach der Wiedervereinigung zunächst wegen Anstiftung bzw. Beihilfe zum Totschlag verurteilt worden, die Schützen wegen Totschlags.
Strafrechtliches Rückwirkungsverbot aufgrund der Vertrauensgrundlage – in diesem Fall fehle diese aber schwerstes kriminelles Unrecht – das Gesetz als unrichtiges Recht habe der Gerechtigkeit zu weichen – in Deutschland unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Radbruch’sche Formel auf diesen Fall anwendbar sei – europ.GH nimmt zwar nicht explizit auf diese Bezug, bestätigt aber die Verurteilungen.