Der Begriff „Rechtliches Gehör“ ist ein wesentlicher Bestandteil rechtsstaatlicher Verfahren und zielt darauf ab, einer Partei die Möglichkeit zu geben, sich in einem Verfahren angemessen und vollständig zu äußern. Im österreichischen Recht ist das rechtliche Gehör vor allem durch das Prinzip des fairen Verfahrens und der Parteiengehör sichergestellt. Dieses Prinzip ist in verschiedenen Gesetzestexten verankert und bildet einen zentralen Bestandteil der Verfahrensrechte.
Eine wesentliche Grundlage für das rechtliche Gehör findet sich in Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der in Österreich verfassungsrechtlichen Rang hat. Dieser Artikel garantiert das Recht auf ein faires Verfahren. Ein wesentlicher Aspekt davon ist das Recht der Parteien, ihre Argumente vorzutragen und von entscheidenden Dokumenten oder Beweisen Kenntnis zu erhalten und dazu Stellung zu nehmen.
In der österreichischen Zivilprozessordnung (ZPO) ist das rechtliche Gehör ebenfalls verankert. Die ZPO sieht beispielsweise vor, dass alle Parteien die Möglichkeit haben müssen, sich zu Tatsachen und Beweismitteln zu äußern und Anträge zu stellen. Die Gerichte sind verpflichtet, den Parteien einen angemessenen Rahmen zu bieten, um ihre Ansprüche und Verteidigungen vorzutragen.
Im Verwaltungsverfahren wird das rechtliche Gehör durch das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) garantiert. Gemäß § 45 AVG hat jede Partei das Recht, vor Erlassung eines Bescheides gehört zu werden, was bedeutet, dass die betreffende Person zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen und Beweismitteln Stellung nehmen kann.
Auch im Strafverfahren wird das rechtliche Gehör durch die Strafprozessordnung (StPO) gewährleistet, insbesondere durch das Recht des Beschuldigten, alle Anklagepunkte zu kennen und die Möglichkeit der Verteidigung zu haben, einschließlich des Rechts, Beweise vorzulegen und Zeugen zu befragen.
Das rechtliche Gehör ist demnach ein fundamentaler Bestandteil des österreichischen Rechtssystems, das die Fairness und Ausgewogenheit von Verfahren sicherstellen soll. Es ist ein grundlegendes Recht, das darauf abzielt, allen beteiligten Parteien in einem Verfahren eine Chance zu geben, ihre Standpunkte klar und umfassend darzulegen, und ist ein unverzichtbares Element eines jeden rechtsstaatlichen Verfahrens.