Im österreichischen Recht wird der Begriff „Rechtswegerschöpfung“ oft im Kontext der Verwaltungsgerichtsbarkeit verwendet. Dabei geht es um den Grundsatz, dass vor der Anrufung eines Verwaltungsgerichts alle zur Verfügung stehenden ordentlichen Verwaltungsinstanzen durchlaufen werden müssen. Das bedeutet, dass der Betroffene zunächst alle vorgesehenen Möglichkeiten der administrativen Entscheidung innerhalb der Verwaltung selbst ausschöpfen muss, bevor er den Rechtsweg zu einem Gericht beschreiten kann.
Gemäß Artikel 131 und 132 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) stehen der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) sowie die neun Landesverwaltungsgerichte dem Bürger zur Verfügung, um Verwaltungsentscheidungen anzufechten. Der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung stellt sicher, dass die Verwaltungsgerichte nur dann angerufen werden, wenn tatsächlich eine endgültige Entscheidung der Verwaltungsinstanzen vorliegt, was eine Entlastung der Gerichte mit sich bringt und eine effiziente Bearbeitung von verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten ermöglicht.
Die Rechtswegerschöpfung ist zudem wichtig, um die Fachkompetenz der Verwaltungsbehörden zu nutzen und ihnen die Möglichkeit zu geben, Entscheidungen im Lichte eingebrachter Beschwerden zu überprüfen. Ein weiterer Aspekt der Rechtswegerschöpfung betrifft den Grundsatz der Subsidiarität der gerichtlichen Kontrolle, der ebenfalls in Österreich von Bedeutung ist. Erst wenn sämtliche Verwaltungsinstanzen entschieden haben, erhält der Bürger eine gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit.
In der Praxis bedeutet dies, dass beispielsweise bei Abgabenbescheiden zunächst ein Inlandsweg durchlaufen werden muss: Einsprüche und Berufungen innerhalb der zuständigen Behörde müssen erfolgen und ausgeschöpft werden, bevor der VwGH angerufen werden kann. Eine Ausnahme von diesem Prinzip kann in jenen Fällen bestehen, in denen ein Rechtsmittel unzumutbar ist oder faktisch keine Aussicht auf Erfolg hat.
Zusammenfassend zeigt die Rechtswegerschöpfung das Bemühen des österreichischen verwaltungsrechtlichen Systems, eine adäquate und fundierte Vorbearbeitung strittiger Angelegenheiten auf Verwaltungsebene sicherzustellen, bevor diese einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden. Dies fördert die Effizienz und spezialisierte Entscheidungsfindung innerhalb des Verwaltungsapparates und reduziert gerichtliche Arbeitslasten.