Im österreichischen Recht findet der Begriff „Scheingefahr“ insbesondere im Strafrecht Anwendung. Eine Scheingefahr liegt vor, wenn eine Situation objektiv keine tatsächliche Gefahrenlage darstellt, jedoch von der handelnden Person als solche wahrgenommen wird. In solchen Situationen glaubt die Person irrtümlich, in einer Notwehrlage zu handeln.
Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) insbesondere nach § 3 über den sogenannten Erlaubnistatbestandsirrtum, kann der Irrtum über das Vorliegen von Umständen, die das Verhalten rechtfertigen würden (wie beispielsweise Notwehr gemäß § 3 StGB), eine Rechtfertigung ausschließen. In der Situation der Scheingefahr wird eine Tat unter der Annahme begangen, es wäre notwendig, sich oder andere zu verteidigen. Der Unterschied zur tatsächlichen Notwehrlage besteht jedoch darin, dass die Gefährdung nur vermeintlich besteht.
Die rechtlichen Konsequenzen einer Handlung, die in einer Scheingefahr erfolgt, hängen davon ab, ob der Irrtum vermeidbar oder unvermeidbar war. Ein vermeidbarer Irrtum kann in manchen Fällen zu einer strafrechtlichen Verantwortung führen, während bei einem unvermeidbaren Irrtum eher von einer Strafe abgesehen wird oder zumindest eine Strafmilderung in Betracht kommt. Dabei besitzt die subjektive Perspektive der handelnden Person eine besondere Bedeutung, da die Einschätzung der Gefahrenlage individuell erfolgt. Der Gesetzgeber trägt somit der psychischen Verfassung und der Wahrnehmungsfähigkeit der betroffenen Person Rechnung.
Dementsprechend wird im österreichischen Recht bei der Bewertung von Handlungen in ungelösten Gefahrenkonstellationen ein differenzierter Maßstab angelegt, der sowohl die subjektive Wahrnehmung als auch die objektive Gefahrenlage berücksichtigt, um eine gerechte Entscheidung zu treffen.