Der Begriff „Selbstspezifikation“ ist primär aus dem deutschen Zivilrecht bekannt und wird im österreichischen Recht in dieser Form nicht verwendet. In Deutschland bezieht sich „Selbstspezifikation“ auf das Recht des Schuldners, bei einem Gattungsschuldverhältnis die Auswahl der zu liefernden Sache selbst zu treffen, sofern keine genaue Bestimmung durch den Gläubiger erfolgt ist. Da dieser Begriff im österreichischen Recht keine direkte Entsprechung hat, möchte ich stattdessen auf ein in Österreich relevantes Konzept eingehen.
Im österreichischen Schuldrecht gibt es den verwandten Begriff der „Gattungsschuld“, geregelt im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Eine Gattungsschuld liegt vor, wenn der Schuldner nicht eine konkret bestimmte Sache, sondern eine Sache mittlerer Art und Güte aus einer Gattung zu leisten hat. Dies bedeutet, dass der Schuldner aus einer Gruppe von Sachen, die bestimmten gemeinsamen Merkmalen entsprechen, eine Sache auswählen muss, die der vertraglichen Beschreibung genügt.
Ein Beispiel für eine Gattungsschuld wäre die Lieferung von 10 Litern Öl ohne weitere Spezifizierung, welches konkrete Öl aus dem Bestand geliefert werden soll. Der Schuldner hat hier die Verpflichtung, eine Leistung von mittlerer Art und Güte zu erbringen, was im ABGB verankert ist. Interessanterweise lässt das österreichische Recht hier dem Schuldner ebenfalls einen gewissen Spielraum bei der Auswahl, was eine gewisse Parallele zur deutschen Selbstspezifikation darstellt, auch wenn der Begriff selbst nicht verwendet wird.
Diese Verpflichtung zur Leistung mittlerer Art und Güte (§ 905 ABGB) bedeutet im Detail, dass der Schuldner eine Ware oder Leistung zu erbringen hat, die weder übermäßig hochwertig noch minderwertig ist, sondern in Qualität und Zustand dem durchschnittlichen Standard entspricht, der in wirtschaftlich vergleichbaren Situationen zu erwarten wäre.
Ein weiterer relevanter Aspekt im österreichischen Recht ist, dass bei der Nichterfüllung von Gattungsschulden der Schuldner theoretisch solange leisten kann, wie die Gattung existiert bzw. vorrätig ist. Er steht also nicht in Gefahr, durch Untergang einer Einzelschuld gemäß § 1447 ABGB von seiner Verpflichtung befreit zu sein, sondern ist solange verpflichtet, wie die Erfüllung aus der vorausgesetzten Gattung möglich ist.
Zusammenfassend ist das Konzept der Gattungsschuld im österreichischen Schuldrecht eine adäquate referenzielle Betrachtung in Abwesenheit des Begriffs der Selbstspezifikation und zeigt auf, wie der österreichische Gesetzgeber die Verpflichtungen und Auswahlspielräume im Rahmen von Gattungsschulden definiert.