„Singularia non sunt extendenda“ ist ein juristisches Prinzip, das im österreichischen Recht als Auslegungsregel verstanden wird. Der lateinische Ausdruck bedeutet wörtlich „Besonderes ist nicht zu erweitern“. Dieses Prinzip wird angewendet, um sicherzustellen, dass Ausnahmen oder spezielle Regelungen in Gesetzen nicht über ihren ausdrücklich vorgesehenen Anwendungsbereich hinaus ausgedehnt werden.
Im österreichischen Rechtssystem, das stark von Kodifikationen geprägt ist, etwa dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB), spielt die korrekte Auslegung von Gesetzestexten eine wichtige Rolle. Das Prinzip „Singularia non sunt extendenda“ wird daher oft herangezogen, um die Intention des Gesetzgebers zu wahren und zu verhindern, dass durch eine extensivere Auslegung von Ausnahmeregelungen der generelle Normzweck unterlaufen wird.
Ein konkretes Beispiel im österreichischen Kontext könnte die Auslegung spezieller Haftungsbefreiungen sein. Wenn das Gesetz etwa für bestimmte, klar definierte Situationen Haftungserleichterungen vorsieht, ist damit impliziert, dass diese Erleichterungen strikt auf die genannten Fälle begrenzt sind und nicht auf andere, ähnlich gelagerte Fälle ausgeweitet werden sollen.
Im ABGB finden sich zahlreiche Bestimmungen, die diesen Auslegungsgrundsatz indirekt unterstützen, indem sie spezifische Regelungen nur für genau benannte Sachverhalte vorsehen. Beispielsweise bestimmen einige Paragraphen im Versicherungsvertragsrecht klar, wann und unter welchen Umständen eine Leistungspflicht des Versicherers entfällt, und jede darüber hinausgehende Interpretation wäre in der Regel durch „Singularia non sunt extendenda“ verhindert.
Insgesamt dient dieses Prinzip dazu, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit zu gewährleisten. Es hebt die Bedeutung einer objektiven und textnahen Gesetzesauslegung hervor, die es dem Anwender verbietet, die Grenzen eines von der Gesetzgebung klar umrissenen Ausnahmefalls zu überschreiten.