Verfassungsdienst

Der Verfassungsdienst VD mit Sitz in Wienist die Sektion Vdes Bundeskanzleramt Bundeskanzleramtes. Seine Aufgaben umfassen im Wesentlichen die anwaltliche Vertretung der Bundesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof bzw. der Republik Österreich vor dem EuGH und dem EGMR, zahlreiche Angelegenheiten der Fremd- und Eigenlegistik, sowie die Erstellung von Rechtsgutachten in unterschiedlichsten Rechtsgebieten.

Organisation

Organisatorische Einbindung

Der Verfassungsdienst ist als Sektion Bundesministerium Sektion des Bundeskanzleramtes eingerichtet und somit unmittelbar dem Bundeskanzler fachlich und organisatorisch unterstellt. Lediglich in Angelegenheiten, die Bundesministern im Bundeskanzleramt zugewiesen sind, erfolgt eine fachliche Unterordnung unter diese. So war der Verfassungsdienst, der unter anderem fürdie Bund-Länder-Angelegenheiten zuständig ist, inden Jahren, in denenein Föderalismusminister im Bundeskanzleramt eingerichtet war, diesem in Föderalismusangelegenheiten fachlich untergeordnet. Selbiges galt bei den Medienangelegenheiten im Hinblick auf die Bundesministerin für Frauen, Medien und Regionalpolitik in den Jahren 2007–2008. Soweit bestimmte Agenden, die inden Wirkungsbereich des Verfassungsdienstes fallen, Staatssekretär Staatssekretären im Bundeskanzleramt übertragen sindist die unmittelbare Unterstellung unter den Bundeskanzler durch diese Staatssekretäre mediatisiert. Das bedeutet, dass der Staatssekretär in diesen Angelegenheiten Weisung Weisungsbefugnis besitzt. Derzeit liegt dies etwa im Bereich Medien vor Staatssekretär für Koordination und Medien.

Abteilungen, Referate und Zuständigkeiten

  • V/1: Verfassungslegislative und Verwaltungsverfahren
  • V/2: Allgemeine Legistik, Rechtsinformation, Länderangelegenheiten, Verwaltungsorganisationsrecht
    • V/2/a: Rechtsinformation
  • V/3: Rechtliche Angelegenheiten des Datenschutzes und der elektronischen Datenverarbeitung, Geschäftsstelle des Datenschutzrates
  • V/4: Medienangelegenheiten, Koordinierung der Informationsgesellschaft, Parteien- und Parteienakademieförderung
    • V/4/a: Geschäftsstelle des Bundeskommunikationssenates
    • V/4/b: Informationsgesellschaft
  • V/5: Internationale Angelegenheiten und andere Verwaltungsangelegenheiten
    • V/5/a: Inneres, Justiz
    • V/5/b: Internationaler Menschenrechtsschutz, EMRK-Beschwerden und sonstige Angelegenheiten
  • V/6: Volksgruppenangelegenheiten
  • V/7: Rechtliche Angelegenheiten der europäischen Integration und Angelegenheiten des internationalen Wirtschaftsrechts
    • V/7/a: EU-Gerichtsbarkeit
  • V/8: Wirtschaftsrechtliche Angelegenheiten
    • V/8/a: Allgemeine Angelegenheiten des Vergabewesens
  • DSK: Geschäftsstelle der Datenschutzkommission
    • BDSK: Büro der Datenschutzkommission
    • DVR: Datenverarbeitungsregister
    • StZR: Stammzahlenregister

Aufgaben

Die inhaltlichen Aufgaben des Verfassungsdienstes sind sehr vielfältig; in der Hauptsache lassen sie sich in drei Arbeitsfelder aufspalten. Der Verfassungsdienst ist Legist, Gutachter und Anwalt Prozessvertreter. Daneben werden aber auch noch eine Fülle von Koordinationsaufgaben zwischen den Bundesministerien, zwischen der Bundesverwaltung und dem Parlament aber auch zwischen der Bundesverwaltung und der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts wahrgenommen. Der Verfassungsdienst hat insoweit in allen drei Gewaltenteilung|Staatsfunktionen eine spezifische Rolle zu erfüllen.

Der Verfassungsdienst als Legist

Eine wesentliche Funktion des Verfassungsdienstes ist seine Tätigkeit in der Gesetzesvorbereitung bestimmter Materien. Zu nennen ist dabei zunächst die gesamte Verfassungslegislative, die in Österreich auf Grund der außerordentlichen Zersplitterung des Verfassungsrechts ein besonders weites Feld ist und die zudem in alle anderen Rechtsgebiete hineinwirkt. Dies gilt auch für die Legistik in Angelegenheiten des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsverfahrens, des Verwaltungsstrafe|Verwaltungsstrafrechts und der Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 Verwaltungsvollstreckung sowie des Datenschutz, der Rechtsbereinigung und des Bundesministeriengesetzes.

Zum anderen besorgt der Verfassungsdienst die Legistik in bestimmten abgegrenzten, nicht derart in andere Materien hineinwirkenden Angelegenheiten. Zu erwähnen sind hier insbesondere das Vergaberecht, das Recht der Presseförderung, das Recht der Parteien- und Parteiakademienförderung, die Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks sowie des außergerichtlichen Medienrechts, die Angelegenheiten der Amts- und Organhaftung und die Volksgruppenangelegenheiten. In all diesen Materienistes der Verfassungsdienst selbst, derim Auftrag der Politik entsprechende Gesetzesentwürfe auszuarbeiten hat und der danach das Gesetzgebungsverfahren fachlich betreut Eigenlegistik.

Der Verfassungsdienst als Gutachter

Hier ist zuerst die Gutachtertätigkeit in den Verfahrenzur Bundesgesetz Bundesgesetzgebung zunennen; dazu kommtnoch die Einbindung des Verfassungsdienstes in das Verfahren der Landesgesetzgebung und schließlich sind die Begutachtungsfälle zu nennen, die aufder Grundlage des geltenden Rechts an den Verfassungsdienst herangetragen werden.

Begutachtung der Gesetzes- und Verordnungsentwürfe der Bundesministerien

Der Verfassungsdienst begutachtet alle Gesetzes- und Verordnungsentwürfe, die die fachzuständigen Bundesminister Ressortszur Begutachtung versenden und gibt dazu eine Stellungnahme ab. Prüfungsmaßstab bei dieser Begutachtung sind einerseits die Übereinstimmung mit dem Bundesverfassung Verfassungsrecht, andererseits aber auch legistische Aspekte. In legistischer Hinsicht gibt es ein nicht unbeträchtliches Regelwerk, das von den Bundesministerien zubeachten ist und die Grundlage für die legistische Überprüfung darstellt. Darüber hinaus werden in vielfältiger Weise auch Anregungenzur Verbesserung der Gesetzessprache und Gesetzessystematik gegeben. Damit soll, wie dies das Bundesministeriengesetz vorsieht, die Wahrung der Einheitlichkeit der die Rechtssetzung des Bundes vorbereitenden Tätigkeiten der Bundesministerien bewerkstelligt werden.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Stellungnahmen des Verfassungsdienstes unverbindlich sind. Die einzige Möglichkeit, auf die Beachtung der vom Verfassungsdienst angeregten Veränderungen zudringen, wäre die Verweigerung der Zustimmung durch den Bundeskanzler bei der Beschlussfassung durch den Bundesregierung Ministerrat, was jedoch in der Praxis kaum geschieht.

Begutachtung im Verfahren der Landesgesetzgebung

Bei der Einbindung des Verfassungsdienstes in das Landesrecht Landesgesetzgebungsverfahren sind zwei Fällezu unterscheiden; einerseits die Begutachtung von Gesetzesentwürfen und andererseits die Prüfung aller Gesetzesbeschlüsse der Landtag Landtage, die unmittelbar nach der Beschlussfassung des Landtages vom Landeshauptmann dem Bundeskanzleramt bekannt zu geben sind.

Das Begutachtungsverfahren bei Landesgesetzentwürfen ist fakultativ, das heißt, jedes Bundesland entscheidet selbst, ob es Gesetzesentwürfe übermittelt. Im Vordergrund stehen neben legistischen Fragen die Prüfung verfassungsrechtlicher Probleme, insbesondere wenn damit Eingriffe in die Zuständigkeit Bundeskompetenzen verbunden sind.
Im Gegensatz dazu sind alle Gesetzesbeschlüsse der Landtage unmittelbar nach der Beschlussfassung vor ihrer Kundmachung vom Landeshauptmann dem Bundeskanzleramt bekannt zu geben. In diesen Verfahren befasst der Verfassungsdienst zunächst jene Bundesministerien, deren Wirkungsbereich abstrakt betroffen sein könnte und deren Äußerungen den vom Verfassungsdienst vorzubereitenden Ministerratsvortrag zugrunde gelegt werden.

Sonstige Gutachtertätigkeit des Verfassungsdienstes

Die Gutachtertätigkeit zu Einzelfragen nimmt einen großen Raum ein; diese betreffen den Bereich des gesamten Verfassungsrechts aber auch alle einfachgesetzlichen Materien, für die der Verfassungsdienstin der Eigenlegistik zuständig ist. Der Verfassungsdienst verfasst dabei Stellungnahmen fürden Bundeskanzler, füralle Bundesbehörden, alle Landesbehörden, alle Organe der Selbstverwaltung, aber auch für das Parlament oder die Gerichte. Fragen, die von Privaten und insbesondere von Anwälten kommen, werden von Einzelfällen abgesehen, vom Verfassungsdienst nicht bearbeitet.

Der Verfassungsdienst als Anwalt Prozessvertreter

Der Verfassungsdienst vertritt die Bundesregierung in Gesetzesprüfungsverfahren und in Kompetenzfeststellungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof. Jede Abteilung ist dabei fürdie ihr zugewiesenen Angelegenheiten zuständig. Die Vertretungstätigkeit umfasst vor allem die Erstellung der Schriftsätze und die Vertretung der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung. All das geschieht im Zusammenarbeit und Abstimmung mit dem betroffenen Bundesminister Fachressort. Der Verfassungsdienst kann dabei grundsätzlich nur das vorbringen, wozu er von der Bundesregierung ermächtigt ist. In aussichtslosen Fällen wird in aller Regel keine Stellungnahme abgegeben.

Ferner vertritt der Verfassungsdienst als stellvertretender Prozessbevollmächtigter die Republik Österreich in Verfahren über Individualbeschwerden vor dem EGMR|Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die in diesen Verfahren notwendigen Stellungnahmen und Anträge werden inhaltlich vom Verfassungsdienst unter Einbeziehung der betroffenen Ressorts vorbereitet und dann vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten an den Gerichtshof weitergeleitet. In den mündlichen Verhandlungen tritt entweder der Prozessbevollmächtigte des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten oder der stellvertretende Prozessbevollmächtigte des Verfassungsdienstes auf.

Schließlich obliegen dem Verfassungsdienst die rechtliche Koordination des innerstaatlichen Standpunktes sowie die Vertretung Österreichs in allen Verfahren vor der Europäischen Kommission, vor dem EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und dem Eug Gericht erster Instanz gegen Österreich. In Vorabentscheidungsverfahren sowie in allen anderen Verfahren vor dem EuGH und dem EuG gibt die Republik Österreich regelmäßig eine Stellungnahme ab, die vom Verfassungsdienst selbst oder in Koordination mit anderen betroffenen Ressorts erstellt wird. Bei Vertragsverletzungsverfahren nimmt der Verfassungsdienst in der Vorphase auch die Koordination und die Vertretung des österreichischen Standpunktes gegenüber der Europäischen Kommission wahr.

Sonstige Aufgaben des Verfassungsdienstes

Vollziehende Tätigkeit im engeren Sinne

Der Verfassungsdienst übt nur in einem geringen Ausmaß eine vollziehende Tätigkeit im Sinne der Erlassung von Bescheid|Bescheiden und anderer Entscheidungen im Einzelfall bzw. Vorbereitung von solchen aus. Solche finden sich vor allem in zwei sensiblen Bereichen, nämlich bei der Abwicklung der Förderungen der Parteien und politischen Akademien und bei der Volksgruppenförderung.

Eine andere Besonderheit ist der Umstand, dass verschiedene Abteilungen des Verfassungsdienstes als Verwaltungsapparat Geschäftsstelle für besondere unabhängige Bundesbehörden fungieren. In diesen Angelegenheiten sind sie diesen fachlich unterstellt und nur im Wege der Dienstaufsicht dem Verfassungsdienst eingeordnet. Dies gilt für die Datenschutzkommission und den Bundeskommunikationssenat.

Koordinations- und Servicetätigkeit des Verfassungsdienstes

Eine wesentliche Funktion des Verfassungsdienstes ist seine koordinierende Tätigkeit, die vielfach im Vorfeld von formellen Begutachtungen und Stellungnahmen stattfindet. Auf Bundesebene wird der Verfassungsdienst oft durch informelle Kontaktaufnahme bzw. auch formelle Beiziehung als Experte in interministeriellen Besprechungen bzw. bei bestimmten Vorhaben einzelner Bundesministerien eingebunden. Im Parlament erfolgen solche Einbindungen neben informeller Kontaktaufnahme durch Ladung als Experte zu bestimmten Ausschüssen. Der Leiter des Verfassungsdienstes ist ferner ständiges Mitglied der Landeshauptleutekonferenzen und Landesamtsdirektorenkonferenzen. Spezielle Koordinationsaufgaben übt der Verfassungsdienst in Angelegenheiten der Informationsgesellschaft aus. Weiters obliegt dem Verfassungsdienst die Koordination in Menschenrechtsangelegenheiten und in Angelegenheiten der EU-Rechtsreform. Eine weitere wesentliche Aufgabe ist die Schaffung und Weiterentwicklung des Rechtsinformationssystem_der_Republik_Österreich|Rechtsinformationssystems des Bundes RIS. Dieses ermöglicht den kostenlosen Zugriff auf das geltende Bundes-, Landes- und Gemeinderecht in Form von konsolidierten Gesetzestexten bzw. auch in Form der einzelnen Bundes- und Landesgesetzblätter sowie auf die Judikatur der Höchstgerichte und diverser unabhängiger Verwaltungsbehörden über Internet. Seit 2004 erfolgt die authentische Kundmachung der Bundesgesetzblatt|Bundesgesetzblätter nicht mehr in Papierform, sondern ausschließlich elektronisch über das Internet.

Amtssitz

Der Verfassungsdienst ist im Hauptgebäude des Bundeskanzleramt Bundeskanzleramtes am Wiener Ballhausplatz Ballhausplatz 2 untergebracht. Die Büros befinden sich zum Großteil im dritten und vierten Stock. Im Amalientrakt der Hofburg Ballhausplatz 1, direkt gegenüber dem Hauptgebäude und neben dem Amtssitz des Bundespräsident|Bundespräsidenten, befinden sich einige Büros. Die Geschäftsstelle der Datenschutzkommission, die ebenfalls dort ihre Büros hatte, befindet sich in der Hohenstaufengasse 3.

Literatur

  • Seidl-Hohenveldern, ”Der Verfassungsdienst”, ÖJZ 1951, 160
  • Weiler, ”Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes”, ÖJZ 1962, 281 und 314
  • Holzinger, ”Funktion und Wirkungsweise des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt”, in Schäffer/Triffterer Hrsg., ”Rationalisierung der Gesetzgebung”, Jürgen Rödig Gedächtnissymposion 1984 314.
  • Holzinger, ”Der Verfassungsdienst der Republik Österreich.” Vortrag gehalten im Europa-Institut der Universität des Saarlandes in Saarbrücken, am 12. Mai 1989. Bd 180 der Vorträge und Berichte aus dem Europa-Institut der Universität des Saarlandes 1989.
  • Lienbacher, ”Der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt”, in Akyürek/Baumgartner/Jahnel/Lienbacher/Stolzlechner Hrsg., ”Staat und Recht in europäischer Perspektive, Festschrift für Heinz Schäffer” 2006 427-455.

Weblinks

  • http://www.bundeskanzleramt.at/site/3510/default.aspx Webseite des Verfassungsdienstes
  • http://www.bks.gv.at Webseite des Bundeskommunikationssenates
  • http://www.dsk.gv.at Webseite der Datenschutzkommission

Quellen & Einzelnachweise

http://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungsdienst 08.11.2014

Lizenzinformation zu diesem Artikel

Dieser Artikel basiert auf dem in den Quellen angeführten Wikipedia-Artikel, verfügbar unter der LizenzCC BY-SA 3.0“.

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