Im österreichischen Recht bezieht sich der Begriff „Verschuldensfähigkeit“ auf die Fähigkeit einer Person, schuldhaft zu handeln, also vorsätzlich oder fahrlässig eine rechtswidrige Handlung zu begehen und dafür rechtlich verantwortlich gemacht zu werden. Die Verschuldensfähigkeit ist ein zentrales Element im zivilrechtlichen Deliktsrecht, da sie die Voraussetzung für die Haftung einer Person bildet.
Nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ist die Verschuldensfähigkeit im Wesentlichen vom Alter und der geistigen Verfassung der Person abhängig. Konkret ist in § 1310 ABGB festgelegt, dass Kinder unter sieben Jahren grundsätzlich als schuldunfähig gelten und daher für deliktische Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden können. Dies liegt darin begründet, dass man davon ausgeht, dass Kinder in diesem Alter noch nicht die notwendige geistige Reife besitzen, um das Unrechtsbewusstsein und die Folgen ihres Handelns angemessen einzuschätzen.
Für Minderjährige zwischen sieben und vierzehn Jahren sieht das ABGB in § 1310 aber eine differenzierte Betrachtung vor: Hier wird die Verschuldensfähigkeit im Einzelfall geprüft, wobei es auf die individuelle geistige und sittliche Reife des Kindes ankommt. Insofern kann ein Kind in diesem Alter durchaus für bestimmte Handlungen verantwortlich gemacht werden, wenn es bereits ein gewisses Maß an Einsichtsfähigkeit besitzt.
Personen ab dem 14. Lebensjahr gelten grundsätzlich als verschuldensfähig, es sei denn, sie sind aufgrund einer geistigen Beeinträchtigung, Krankheit oder Ähnlichem unfähig, das Unrecht ihres Handelns zu erkennen und danach zu handeln. Dies wäre beispielsweise bei bestimmten psychischen Krankheiten der Fall. Erwachsene Personen, die an einer geistigen Behinderung leiden oder sich in einem Zustand befinden, der ihre Entscheidungs- oder Unrechtsfähigkeit betrifft, können ebenfalls als schuldunfähig angesehen werden.
Zusammengefasst richtet sich die Verschuldensfähigkeit im österreichischen Recht nach bestimmten Altersgrenzen und der geistigen Reife oder Verfassung des Handelnden. Es wird deutlich, dass das Gesetz eine flexible Handhabung der Verschuldensfähigkeit vorsieht, um individuelle Umstände zu berücksichtigen und eine gerechte Rechtsanwendung sicherzustellen.