Im österreichischen Recht beschreibt der Begriff „zivilrechtlicher Notstand“ eine Situation, in der jemand in das Rechtsgut eines anderen eingreift, um eine unmittelbare Gefahr von sich oder einem anderen abzuwehren. Diese Maßnahme ist in Österreich unter bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt und führt dazu, dass die sonst übliche Haftung für Eingriffe in fremde Rechtsgüter entfällt oder eingeschränkt wird.
Der zivilrechtliche Notstand ist im § 1306a des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) geregelt. Dieser Paragraph sieht vor, dass jemand, der in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr handelt, nicht für den Schaden haftet, sofern die Maßnahme erforderlich war, um die Gefahr abzuwenden, und die geretteten Interessen das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen. Dabei ist sowohl die Verhältnismäßigkeit als auch die Erforderlichkeit des Eingriffs entscheidend.
Ein Beispiel für den zivilrechtlichen Notstand könnte eine Situation sein, in der eine Person einen Zaun beschädigt, um eine andere Person aus einem brennenden Gebäude zu retten. In diesem Fall könnte der Notstand geltend gemacht werden, da die Rettung von Leib und Leben das Eigentumsinteresse des Zaunbesitzers überwiegt.
Es ist wichtig anzumerken, dass der zivilrechtliche Notstand nur dann zur Anwendung kommt, wenn keine anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen zur Verfügung stehen, um die Gefahr abzuwenden. Wer einen solchen Eingriff vornimmt, um eine Gefahr abzuwenden, muss anschließend den Beweis für die Notwendigkeit und Angemessenheit seines Handelns erbringen.
Zusammengefasst erlaubt der zivilrechtliche Notstand in Österreich, in bestimmte Freiheits- oder Eigentumsrechte anderer Personen einzugreifen, um ein höheres Rechtsgut zu schützen, ohne dass dies zwingend eine Schadensersatzpflicht nach sich zieht, solange die Abwehr der Gefahr verhältnismäßig und alternativlos ist.