Zins-Swap-Geschäft der Stadt Linz ungültig

Ein seit mehr als einem Jahrzehnt schwelender Streit zwischen der Stadt Linz und einer großen österreichischen Bank hat zu einer ersten inhaltlichen Entscheidung des Höchstgerichts geführt: Nach dem OGH ist eine 2007 geschlossene, als „Resettable CHF Linked Swap 4175“ bezeichnete Vereinbarung, die – bezogen auf ein Nominale von 195 Mio CHF – den halbjährlichen Tausch von Zinszahlungen vorsieht („Zins-Swap“), ungültig. Auch die erste und die zweite Instanz hatten in diesem Sinn zugunsten der Stadt Linz entschieden, wenn auch teilweise mit anderer Begründung.

Da die Fremdwährungsverbindlichkeiten der Stadt Linz aufgrund der Aufwertung des Schweizer Franken (CHF) auf umgerechnet mehr als 135 Mio Euro angestiegen waren und die weitere Entwicklung des Wechselkurses nicht vorhersehbar war, fasste der Gemeinderat im Jahr 2004 einen Beschluss, mit dem die Finanz- und Vermögensverwaltung ermächtigt wurde, „das Fremdfinanzierungsportfolio durch den Abschluss von marktüblichen Finanzgeschäften und Finanzterminkontrakten zu optimieren“.

Um das Zinsrisiko zu verringern, das mit einer im Jahr 2005 begebenen CHF-Anleihe über 195 Mio CHF verbunden war, schloss der Finanzdirektor der Stadt Linz am 12. 2. 2007 mit der Bank eine Zins-Swap-Vereinbarung mit einer gut zehnjährigen Laufzeit. Die Effekte dieser Vereinbarung hingen eng mit der Entwicklung des Wechselkursverhältnisses EUR – CHF zusammen: Im Februar 2007 lag das Wechselkursverhältnis bei ungefähr 1 EUR = 1,61 CHF. Ein Wechselkurs von mehr als 1,54 (1 EUR = 1,54 CHF) führte zu einer Zahlungspflicht der Bank, ein Wechselkurs unter dieser Schwelle zu einer Zahlungspflicht der Stadt Linz. Beispielsweise führt ein Wechselkurs von 1 : 1,20 zu einem von der Stadt Linz zu leistenden Zinssatz von rund 28 % aus 195 Mio CHF und damit zu einer (jährlichen) Zahlungspflicht der Stadt von rund EUR 54,5 Mio. Tatsächlich entwickelte sich der CHF-Wechselkurs 2007 zugunsten der Stadt Linz (zum Beispiel im Oktober 2007 1 EUR = 1,68 CHF), jedoch ab 2008 stark zu ihren Lasten. Zur Illustration: der Wechselkurs liegt aktuell bei 1 EUR = 0,96 CHF.

Die Stadt Linz begehrte mit ihrer Klage beim Handelsgericht Wien die Rückzahlung der bereits an die Bank gezahlten mehr als 30 Mio CHF (= mehr als 25 Mio Euro) und stellte den „Zwischenantrag auf Feststellung“, dass der „Resettable CHF Linked Swap 4175“ nicht wirksam zustande gekommen sei. Die Ungültigkeit der Vereinbarung ergebe sich daraus, dass keine Beschlussfassung im Gemeinderat erfolgt und keine aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt worden sei.

Das Handelsgericht Wien erließ ein entsprechendes Zwischenurteil zugunsten der Stadt Linz. Der Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2004 habe bloßen Grundsatzcharakter gehabt und keine Ermächtigung zum Abschluss einer risikoreichen Swap-Vereinbarung enthalten. Darüber hinaus hätte die Vereinbarung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurft, weil die damit übernommenen Zahlungspflichten die Aufnahme von Darlehen erforderlich machen könnten.

Das Berufungsgericht (Oberlandesgericht Wien) bestätigte diese Entscheidung. Der „Resettable CHF Linked Swap 4175“ sei ein Währungs-Spekulationsgeschäft, das nicht zur Absicherung des mit den Fremdwährungsverbindlichkeiten der Stadt Linz verbundenen Wechselkursrisikos geeignet gewesen sei. Aus diesem Grund sei es nicht von der Ermächtigung des Gemeinderats aus dem Jahr 2004 gedeckt.

Die Bank blieb mit ihrer Revision beim Obersten Gerichtshof erfolglos.

Der OGH differenzierte zwischen dem Ermächtigungsbeschluss des Gemeinderats aus dem Jahr 2004 und dem Abschluss der Swap-Vereinbarung im Jahr 2007. Hinsichtlich dieser Swap-Vereinbarung war zu klären, ob sie von einem Gemeinderatsbeschluss gedeckt ist und ob sie einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf.

Zentral für die Entscheidung des OGH ist im ersten Schritt die vom Gemeinderat der Stadt Linz im Jahr 2004 an die Finanz- und Vermögensverwaltung erteilte Ermächtigung zum Abschluss marktüblicher Finanzgeschäfte. Nach dem Obersten Gerichtshof, der sich auf zahlreiche Literaturstimmen stützt, waren Zins-Swaps ein auf den Finanzmärkten seit den 1980er-Jahren weit verbreitetes Instrument, um Zinsrisiken zu steuern. Ob ein von der Gemeinde abgeschlossenes Rechtsgeschäft von einem bereits gefassten Beschluss des Gemeinderats gedeckt ist, muss immer nach dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt werden. Dass sich im Nachhinein herausstellt, dass durch den Abschluss eines Zins-Swaps keine Verminderung der Fremdwährungsverbindlichkeiten erreicht werden konnte, sondern aufgrund der ungünstigen Entwicklung des Wechselkurses ganz im Gegenteil erhebliche Verluste drohen, ändert nichts daran, dass solche Geschäfte an sich geeignet waren, eine Verminderung bestehender Zinsbelastung herbeizuführen. Allerdings hätte dies vorausgesetzt, dass sich der Devisenkurs so entwickelt, wie dies von der Stadt Linz erwartet worden war.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen war der Abschluss des „Resettable CHF Linked Swap 4175“ vom Ermächtigungsbeschluss des Gemeinderats aus dem Jahr 2004 gedeckt.

Damit kommt es entscheidend darauf an, ob der Abschluss des „Resettable CHF Linked Swap 4175“ einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung der oberösterreichischen Landesregierung bedurft hätte (eine solche Genehmigung fehlte).

In seiner Entscheidung bejaht der OGH dieses Erfordernis – auch wenn im Statut für die Stadt Linz aus dem Jahr 1992 der Abschluss von Swap-Geschäften nicht als genehmigungsbedürftig genannt wird. Im Statut ausdrücklich erwähnt ist der Abschluss von Darlehensverträgen, und zwar unter der Voraussetzung, dass durch die Aufnahme des Darlehens der jährliche Gesamtschuldendienst der Stadt 15 % der Einnahmen des ordentlichen Voranschlags des laufenden Rechnungsjahres übersteigen würde. Im Jahr 2007 entsprach dies einer Wertgrenze von 31.391.415 Euro.

Der OGH wendet den für Darlehensverträge normierten Genehmigungsvorbehalt analog auf vergleichbare Finanzgeschäfte (zB Differenzgeschäfte wie Swap-Vereinbarungen) an. Der Zweck des Swap lag darin, die Zinsbelastung der Stadt Linz aus den bestehenden Fremdwährungsverbindlichkeiten zu verändern, ohne dass ein neuer Darlehensvertrag (Umschuldung) geschlossen wurde.

Zentral ist für den OGH folgender Gedanke: Die aufsichtsbehördliche Genehmigung von Darlehen soll verhindern, dass durch die Verzinsung und Tilgung der eingegangenen Verbindlichkeit die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinden überschritten wird. Zins-Swap-Vereinbarungen sind geeignet, die mit einem genehmigungspflichtigen Darlehen übernommene Zinsbelastung nachträglich in einer für die Gemeinde nachteiligen Weise zu verändern, weshalb sie – schon um den Zweck der aufsichtsbehördlichen Genehmigung nicht zu unterlaufen – auch selbst einem Genehmigungsvorbehalt unterliegen müssen. Wenn das Statut für die Stadt Linz für den Abschluss von Darlehensverträgen eine aufsichtsbehördliche Genehmigung verlangt, sofern durch die übernommenen Verbindlichkeiten der jährliche Gesamtschuldendienst der Stadt 15 % der Einnahmen übersteigen würde, gilt dies auch für den Abschluss von Zinsderivaten, die diese Schuldengrenze wahrscheinlich überschreiten können.

Genehmigungspflichtige Geschäfte einer Gemeinde werden erst mit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung rechtswirksam (siehe § 867 ABGB) – da eine solche nicht vorliegt, ist der Vertragsabschluss über den Zinsswap unwirksam.

Zum Volltext im RIS.

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